Dreibergen
in Zusammenarbeit mit Günter Marken
Als Zwischenahn in touristischer Hinsicht noch im Dornröschenschlaf schlummerte, tobte auf der anderen Seeseite schon das (Ausflugs-)Leben. Dreibergen war ein äußerst beliebtes Ziel der Oldenburger zur Erholung und zur Sommerfrische.
Ein Ausflug in die Sommerfrische gehörte im 19. Jahrhundert zum guten Ton unter den bürgerlichen Familien. Den Ort Dreibergen (früher Altenkirchen) konnten die Stadtoldenburger über den alten Postweg von Metjendorf über Neuenkruge nach Elmendorf erreichen. Die Überreste der Burg der Ritter von Elmendorf in Form von drei Burghügeln müssen ebenso wie die uralte Linde auf die von romantischen Ideen beseelten Bürger eine besondere Faszination ausgeübt haben.
Dem Reiz dieses Ortes erlagen auch die Herzogsfamilie und weitere adlige Gäste. So feierte der Erbgroßherzog 1845 hier mit der Familie seinen Geburtstag. Dass die Tafel, die eigentlich auf einem der drei Berge stattfinden sollte, in das Gasthaus von Friedrich Brader verlegt werden musste, weil plötzlich Moorrauch aufzog, hat die Stimmung sicherlich nur kurzfristig getrübt. Auch Königin Amalie von Griechenland, die aus dem Oldenburger Herzogshaus stammte, genoss einige Jahre später mit ihrer Entourage die Dreiberge und eine Schifffahrt auf dem Zwischenahner Meer.
Mit dem Ausbau des Verkehrswegenetzes, insbesondere mit dem Ausbau der Poststraße zwischen Oldenburg und Westerstede mittels Steine zu einer „Chaussee“ (1837-1843) und der Eröffnung der Bahnlinie Oldenburg – Leer mit dem Bahnhof in Zwischenahn 1869, suchten Naturbegeisterte und Erholungswillige vermehrt den Ort Zwischenahn auf. Parallel wurde aber auch in Dreibergen die Infrastruktur verbessert.
Die Postkarte oben, die im Jahr 1898 geschrieben wurde, zeigt das Gasthaus von Heinrich W. Feldhus mit den Parkanlagen. Bevor dieser das Ausflugslokal im Jahr 1887 übernahm, hatte er 1872 mit seinem Geschäftspartner Steinfurth mit dem Kauf des Dampfers „Puck“ auch die Fährschifffahrt auf dem Zwischenahner Meer an die neuen touristischen Anforderungen angepasst. 1876 wurde das Dampfschiff „Dreibergen“ in Betrieb genommen, das auf der Postkarte zu sehen ist.
Im Jahr 1903 baute Georg Ohmstede aus Oldenburg, der aus Jever stammte, ein großes, neues Gasthaus mit Fremdenzimmern in Dreibergen, das spätere Kurhaus. An der Stelle des alten Gasthauses im Bauernhausstil, das er 1902 einschließlich der Dampfer von Feldhus gekauft hatte, ließ er nach den Plänen des jeverschen Architekten Eilers ein gewaltiges Gebäude errichten, das im Mai 1903 eingeweiht wurde. Die Sommerwohnungen an der Seite des Gartens, die Feldhus bereits gebaut hatte, blieben vorerst bestehen, sodass mit dem Neubau insgesamt 60 Fremdenzimmer zur Verfügung standen. Da Ohmstede Dampfschiffe und ein Motorboot zur Passagierbeförderung gehörten, und auf Zwischenahner Seite nur einfache Stege vorhanden waren, wollte er auch dort die Infrastruktur verbessern. So ließ er 1911 im heutigen Ufergarten das Fährhaus bauen. 1919 verkaufte Ohmstede das Kurhaus in Dreibergen, das Fährhaus in Zwischenahn sowie die Dampfer und das Motorboot an F. Hüttmann aus Wilhelmshaven.
Durch die Zunahme des Fremdenverkehrs am Zwischenahner Meer gab es bereits 1910 ein weiteres Großprojekt auf der Dreiberger Seite. Der Schriftsteller und zuvor auch Theaterdirektor Dr. Curt Tolle aus Bremen, der ein benachbartes Grundstück neben seiner Villa gekauft hatte, ließ dort ein mehrstöckiges Gebäude mit 24 Fremdenzimmern und eine Kolonie mit kleineren Villen errichten. Ein kleineres Gebäude mit Küche und Speisesaal wurde an die bestehende Villa angebaut. Die Villa hatte Dr. Tolle, der mit der Opernsängerin Cilla Tolli verheiratet war, bereits Jahre zuvor gebaut und mit dem Schriftzug „Niblheim“ an der Außenfassade versehen. Die Villa „Niblheim“ wurde bis 1910 jahrelang als Sommerresidenz von dem Ehepaar Tolle genutzt.
Das stilvoll eingerichtete Niblheim wurde in den folgenden Jahren als Kur- und Gasthaus erfolgreich von Tolle betrieben. 1922 wurde die gesamte Anlage mit allen Häusern, die unter Niblheim firmierten, von einer Bremer Handelsgesellschaft gekauft. Darüber hinaus kaufte die Gesellschaft im selben Jahr auch das Kurhaus Dreibergen und das Fährhaus in Zwischenahn. Für alle Häuser wurde eine Betreibergesellschaft mit dem Namen „Vereinigte Kurhäuser Dreibergen-Niblheim“ gegründet, und die Gebäude wurden modernisiert, sodass 300 Betten für die Gäste zur Verfügung standen. Im Frühjahr 1923 wurde auch ein Badestrand inklusive Badezellen und Familienbad vom Anleger des Kurhauses Dreibergen bis zum Niblheim angelegt.
Der gesamte Ausbau der Häuser und Anlagen, der allen Anforderungen von guten Kurhäusern entsprach, wurde dann entsprechend auch vom Ministerium gewürdigt, wie Anfang Januar 1923 der regionalen Presse entnommen werden konnte: „Den vereinigten Kurhäusern Dreibergen-Niblheim in der Bauerschaft Helle, Gemeinde Zwischenahn, ist nach einer Bekanntmachung des Staatsministeriums die Bezeichnung „Bad Dreibergen“ beigelegt worden.“
Im Jahr 1930 geriet die Bremer Gesellschaft und auch die Betreibergesellschaft „Dreibergen-Niblheim“ in finanzielle Schwierigkeiten, sodass es zur Zwangsversteigerung der Objekte kam. In den folgenden Jahren blieb der Restaurationsbetrieb im Niblheim zunächst noch bestehen, und die übrigen Gebäude wurden anderweitig genutzt (später Abriss). Das Kurhaus Dreibergen wurde ebenfalls weiter als Restaurations- und Übernachtungsbetrieb betrieben, bis 1942 eine Lehrerinnenbildungsanstalt in dem Gebäude eingerichtet wurde. Nach dem Krieg wurde es von 1947 bis Ende 1982 als Lehrerfortbildungsheim weitergeführt. Dem Umstand, dass es auf Dreiberger Seeseite nun keine Gaststätte mehr gab, half im Jahr 1949 der Verein für Heimatpflege Bad Zwischenahn mit dem Bau des „Fährkroogs“ ab, zu dessen Aufbau zuvor in Rostrup zwei alte Bauernhäuser abgebrochen wurden. Heute beherbergt das ehemalige Kurhaus, das in der Nachkriegszeit erhebliche bauliche Veränderungen erfuhr, wieder einen Hotel- und Restaurationsbetrieb. Der Zusatz „Bad“ vor Dreibergen ist nicht mehr vorhanden.
Bildnachweis:
Gemeindearchiv Bad Zwischenahn
Archiv Günter Marken
Quellennachweis:
Artikel der Nordwest-Zeitung (01.08.1947 u. 02.03.1950)
Artikel der Nordwest-Zeitung
(17.12.1982/Wilko Engelkes)
Artikel der Nordwest-Zeitung (20.05., 16.08. u. 24.08.2019/Günter Marken)
Nachrichten für Stadt und Land vom 23.11.1872, 15.08.1876, 11.07.1902, 25.05.1903, 31.05.1906, 29.01.1908, 27.08.1910, 27.12.1910, 02.02.1911, 02.03.1922, 03.03.1922, 09.03.1922, 10.01.1923, 26.04.1923, 06.05.1923, 25.11.1930
Volksblatt vom 09.09.1930