Vom Dröhnen der Motoren – das Stadion
Den meisten Zwischenahnerinnen und Zwischenahnern sind die Gras- bzw. Sandbahnrennen noch sehr präsent, die bis vor einigen Jahren im Zwischenahner Stadion stattgefunden haben. Lange Zeit waren sie eine traditionelle Großveranstaltung, die einmal im Jahr mehrere Tausend Zuschauer/innen in den Kurort gezogen hat. Rekord: Bei einem Renntag in den 1960er Jahren zählte man rund 12.000 Menschen auf der Tribüne. Der Motorsportclub Bad Zwischenahn (MSC) als Veranstalter konnte dabei ein internationales Fahrerfeld aus ganz Europa und sogar aus Übersee aufbieten. In der Motorsportszene ist Bad Zwischenahn nach wie vor ein Begriff.
Das erste Grasbahnrennen fand am 1. Juli 1951 im noch jungen Stadion statt. Bei bestem Wetter fuhren 25 Fahrer aus Nordwestdeutschland die Rennen vor über 8000 Zuschauern aus. Es war die erste derartige Großveranstaltung des Motorsports im Ammerland. Bis 1978 fanden die Grasbahnrennen in insgesamt 28 Ausgaben jährlich statt. Nach einem Ausfall 1979 gab es 1980 das erste Rennen auf der sportlich gesehen attraktiveren Sandbahn.
„Oswin-Schrimpf-Stadion“
Dass das Stadion nur wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges realisiert werden konnte, war eine umfangreiche Gemeinschaftsleistung, geht aber im Wesentlichen auf die Initiative eines Einzelnen zurück. Maßgeblich vorangetrieben wurde der Stadionbau von Oswin Schrimpf, Inhaber der Marmeladenfabrik Ammerlandia und seinerzeit 1. Vorsitzender des VfL Bad Zwischenahn. Sein großes sportliches Interesse drückte sich auch in seinen Funktionen als 2. Vorsitzender des Reitervereins Bad Zwischenahn (Gründung 1949) und als 1. Vorsitzender des Kreissportbundes (Gründung 1950) aus. Bei der offiziellen Einweihung am 18.06.1950 gab Bürgermeister Fritz Berding dem Stadion in Anbetracht seiner Verdienste den Namen „Oswin-Schrimpf-Stadion“. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird dieser Name heute allerdings nicht mehr verwendet.
Das Projekt wurde in relativ kurzer Zeit umgesetzt. Denn nachdem erste Gespräche zum Stadionbau auf dem Gelände von Eugen Bothe am Schützenhof im Herbst 1948 stattgefunden hatten, konnte am 22. Januar 1949 bereits der erste Spatenstich gesetzt werden. Eine Voreinweihung gab es im Mai 1949, so dass noch im gleichen Jahr auf den Tennisplätzen gespielt und ein Reiterfest des neuen Reitervereins abgehalten werden konnte. Für die Reiter war eigens eine umlaufende Bahn geschaffen worden, die dann auch durch den Motorsport genutzt wurde.
Finanziert wurde das Stadion zu einem erheblichen Teil durch Spenden von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Betrieben. Außerdem packten VfL-Mitglieder in unzähligen Stunden Eigenleistung mit an. Aus dem Notstandsprogramm im Zuge der „wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge“ waren 30 bis 40 Arbeiter im Einsatz.
Weitere Meilensteine in der Geschichte der Sportstätte waren die Übernahme durch die Gemeinde 1958 und, nach Gründung des Tennisvereins Grün-Weiß (1966), der Bau einer Tennishalle im Jahr 1969. Ein großes Ereignis war außerdem das Gastspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen den VfL Bad Zwischenahn am 29.06.1952 mit den späteren Weltmeistern Fritz Walter, Horst Eckel, Werner Liebrich und Werner Kohlmeyer. Zum Spiel bot der öffentliche Nahverkehr sogar Sonderfahrten an, das Interesse war riesengroß. Die Spieler waren unter anderem im „Haus am Meer“ untergebracht und genossen während ihres Aufenthalts den Kurpark und das Zwischenahner Meer. Das Spiel ging übrigens mit 10:2 an den 1. FC Kaiserslautern.
Und vor dem Krieg?
Die Wiese neben dem heutigen Stadion beim Schützenhof, die bis heute in das Gesamtareal des Stadions mit eingebunden ist, wurde nachweislich seit spätestens 1905 als Veranstaltungsort genutzt. In diesem Jahr fand hier der Feldgottesdienst des Bundeskriegerfestes statt. Der Platz wurde offenbar als Veranstaltungsort für gut befunden, denn im folgenden Jahr waren rund 1000 Turner im Zuge des Oldenburgischen Turnfestes zu Gast. Den Schützen diente die Wiese ebenfalls als Festplatz. Auch dokumentiert ist die vom Reichsarbeitsdienst gestaltete „Morgenfeier“ während des Kreistags der NSDAP am 4. Juni 1939, mit anschließender Vereidigung von 500 Mann des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK).
Im Jahr 1931 beschloss der Zwischenahner Ortsausschuss, auf der Schützenhofwiese einen Sportplatz einzurichten. Zuvor konnte der Sportplatz des Heimatvereins mitgenutzt werden, der sich in Kayhausen (Strandpark) befand. Für die Neuanlage war ein Fußball- und ein Faustballfeld, Sprunggruben, ein Sandplatz für Kugelstoßen, eine 100m-Bahn sowie eine Ringbahn geplant. Außerdem stellte Platzbesitzer Bothe den Nutzern des Platzes eine Zuwegung zum Meer für den Schwimmunterricht zur Verfügung.
Mit neuem Konzept in die Zukunft
Nachdem sich der MSC aus dem Stadion zurückgezogen hat, ist im Herbst letzten Jahres das neue, bedarfsorientierte Stadionkonzept für eine multifunktionale Nutzung im Kultur- und Sportausschuss vorgestellt worden. Dabei steht die Weiterentwicklung des Stadions für die bisherige Nutzung durch den Vereinssport ebenso im Fokus wie ein Angebot für den Schulsport, den Individual- und Freizeitsport, Spielangebote für Kinder oder die Möglichkeit zu Veranstaltungen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dabei auch die Schützenwiese einbezogen. Erste Arbeiten wurden bereits im letzten Herbst vorgenommen: In einer Gemeinschaftsaktion von freiwilligen Helfern aus den Vereinen, die das Stadion nutzen, und Mitarbeiter/innen der Gemeinde wurden durch Grünschnitt große Sichtachsen geschaffen und die Einbauten für die Sandbahnrennen entfernt. Spätestens mit der Installation der neuen Flutlichtanlage sind die Veränderungen im Stadion nun auch weithin sichtbar.
Bildnachweis:
Gemeindearchiv Bad Zwischenahn: Bestand von Oven, Bestand Helmut Harms, Nachlass Bernhard Meyer, Bestand B Nr. 949
Archiv Günter Marken
Quellennachweis:
NWZ, Der Ammerländer, Ausgaben vom 02.02.1950, 30.09.1950, 16.06.1950, 20.06.1950, 30.09.1950, 03.07.1951, 26.06.1952, 28.06.1952, 02.07.1979, 04.07.1980 (Archiv Günter Marken)
Nachrichten für Stadt und Land vom 27.05.1905, 20.06.1906, 22.01.1931, 25.01.1931 (Archiv Günter Marken)
Oldenburgische Staatszeitung vom 31.05.1939 (Sammlung Gemeindearchiv)
Gemeindearchiv, Bestand B Nr. 978, Nr. 980, Nr. 982, Nr. 985, Nr. 987
Helmut Harms, Die 50er und 60er Jahre. Bad Zwischenahn, Bockhorn 2005