Offizierskasino

Eine Retrospektive Zwischenahns in Text & Bildern –

Offizierskasino


Das Foto aus dem Jahr 1946 zeigt Offiziere der Royal Air Force, die offenbar ihre dienstfreie Zeit im und beim Offizierskasino in Rostrup genießen. Diese Nutzung der repräsentativen Villa ist jedoch nur ein Teil der Geschichte.

 

Errichtet wurde das Gebäude im Jahr 1913. Bauherr war Georg Klingenberg (1870-1925), eines von sieben Kindern des Architekten Ludwig Klingenberg (1840-1924), die sich nahe beim Vater ebenfalls Wohnsitze am Westufer des Zwischenahner Meeres einrichteten. Die Villa wurde als Wohnhaus genutzt, überwiegend in den Sommermonaten.

Während Ludwig Klingenberg in Bad Zwischenahn ein bekannter Name ist, vor allem im Zusammenhang mit dem Bau des „Alten Kurhauses“, ist die ebenfalls interessante Vita seines Sohnes Georg hier nicht so bekannt. Als promovierter und habilitierter Maschinenbauingenieur lehrte er an der Technischen Universität Berlin und arbeitete – zunächst parallel – für die AEG, bei der er für die Entwicklung neuer Kraftwerke zuständig war. Später wurde er als Nachfolger von Walter Rathenau in den Vorstand der AEG berufen. In der „Neuen Deutschen Biographie“ wird Georg Klingenberg als einer der führenden Ingenieure seiner Zeit bezeichnet. Noch heute ist ein Kraftwerk in Berlin nach ihm benannt.

Nach dem Tod Georg Klingenbergs bewohnte seine Witwe, später dann mit ihrem zweiten Ehemann weiterhin die Villa, bevor diese 1937 in den Besitz des Deutschen Reichs (Reichsfiskus Luftfahrt) überging. Nun wurde sie erstmalig als Offiziersheim für den benachbarten Flugplatz genutzt.

 

Einige Nebengebäude des Anwesens verschwanden während der militärischen Nutzungszeit. Stattdessen wurde ein zusätzliches Gebäude vom Meer aus gesehen links hinter der Villa errichtet, in einer Nachkriegsakte als „Ledigenheim“ bezeichnet. Das am Seeufer gelegene reetgedeckte Bootshaus wurde 1945 abgebrochen und später durch ein neues ersetzt. Bestand hat ein Gartenpavillon (Baujahr ebenfalls 1913), der so wie die Villa und das Gartengrundstück heute unter Denkmalschutz steht.


Nach dem Krieg sowie der Nutzung durch die Royal Air Force wurden die Gebäude auf dem Anwesen im Jahr 1949 durch die Landesplanungsstelle der Bundesvermögensverwaltung neu vergeben. Den Zuschlag für das Ledigenheim bekam das Deutsche Rote Kreuz, das hier ein Kinderheim einrichtete. Die ursprünglichen Planungen der Gemeinde, das Gelände touristisch zu nutzen – gedacht war an eine Gast- und Erholungsstätte als Ersatz für das Kurhaus Dreibergen – wurden verworfen. Stattdessen bezog die „Forschungs- und Werbestelle für Torf GmbH“ die Villa. Ein dazugehöriges Gewächshaus auf der seeabgewandten Seite wurde 1950 gebaut. Die Torfforschungsstelle war hier über vierzig Jahre lang beheimatet (bis 1991) und war so die langjährigste Nutzerin in der bisherigen Geschichte des Hauses.

 

Anschließend nutzte die Bundeswehr die Villa im Zusammenhang mit dem benachbarten Krankenhaus bis zu dessen Umzug nach Westerstede (2008). Nach einer Zeit der Vermietung ging das Offizierskasino an seine heutige Eigentümerin über.

 

Die Vierol AG erwarb das Anwesen im Jahr 2021. Nach der Renovierung und Rekonstruktion auch der historischen Gartenanlage wird das Gebäude für die eigene Nachwuchs- und Führungskräfteentwicklung sowie für firmeninterne Workshops genutzt werden. Ebenso soll das Gebäude in Zukunft für Musik- und Kulturveranstaltungen und auch externen Nutzern als Schulungs- und Tagungszentrum zur Verfügung gestellt werden.


  • Bildnachweis:

    Gemeindearchiv Bad Zwischenahn, Bestand von Oven

    Archiv Günter Marken


    Quellennachweis:

    NWZ, Der Ammerländer, Ausgaben vom 14.03.1950, (Archiv Günter Marken), 10.08.1982 (Bad Zwischenahn extra, Artikel Eildert van Hove), 14.04.2021 (Artikel Hildburg Lohmüller), 11.09.2021 (Artikel Christian Quapp)
    Nachrichten für Stadt und Land vom 30.05.1930 (Archiv Günter Marken)

    Gemeindearchiv Bad Zwischenahn, Bestand B Nr. 2876

    Nds. Landesarchiv Oldenburg, Bestand 207, Ab Nr. 350 – Brandkassenregister

    Birte Stiers, Die Gärten bürgerlicher Villen und Landhäuser im nordwestdeutschen Raum (1871-1918), 2018 (hg. vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Klingenberg

    https://kasino-am-meer.de/


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